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Ein später Nachruf - viscomedia.ch

Geschrieben von viscomedia.ch | Nov 28, 2021 11:00:00 PM

Es ist lange her: zum Jah­res­wech­sel 2003/2004 über­nahm ich für die Zeit­schrift «vis­com print + com­mu­ni­ca­ti­on» die Ver­ant­wor­tung als Chef­re­dak­tor. Ich trat da­mals in gros­se Fuss­stap­fen: Franz Wick, der in Pen­si­on ging. Er galt für viele Jahre als ein «Grand­sei­gneur» der gra­fi­schen In­dus­trie. Bran­chen­be­kannt wurde er in sei­nen Tä­tig­kei­ten als Ein­käu­fer der Zol­lik­o­fer AG, par­al­lel dazu ar­bei­te­te er für die Fach­zeit­schrift «Druck­In­dus­trie» als Chef­re­dak­tor und In­se­ra­te­ver­käu­fer. Da­mals eine Traum­kom­bi­na­ti­on. Dies wurde mit der Zeit ge­än­dert und er war «nur» noch fürs Ma­ga­zin ver­ant­wort­lich. «Cor­po­ra­te Go­ver­nan­ce» lässt grüs­sen! Doch in der Bran­che war er nach wie vor be­kannt wie ein «bun­ter Hund». Alle kann­ten ihn und er kann­te alle. Franz Wick war nicht nur ge­schäfts­tüch­tig, son­dern auch ein Schrei­ber mit Lei­den­schaft. In einer Zeit, wo Fach­ma­ga­zi­ne mit tro­cke­ner Fach­sim­pe­lei ihre Le­se­rin­nen und Leser mal­trä­tier­ten, setz­te Franz Wick be­reits auf «Ho­me­sto­ry» und «Sto­ry­tel­ling». Seine als Edi­to­ri­als ge­tarn­ten, pfef­fer­schar­fen Markt­be­ob­ach­tun­gen sorg­ten oft­mals für Fu­ro­re. «Ge­se­hen, Ge­hört, No­tiert», das war sein Credo. Und ob­wohl er als In­se­ra­te­ver­käu­fer sehr er­folg­reich war, er­klär­te er klar und deut­lich: «In­se­ra­te­ver­kauf ist für mich immer die Pflicht, Schrei­ben die Kür!» Gegen Ende sei­ner be­ruf­li­chen Kar­rie­re ver­än­der­te sich das Um­feld dra­ma­tisch. 1998 leg­ten der vis­com und die Zol­lik­o­fer AG/St. Gal­ler Tag­blatt ihre bei­den Fach­ma­ga­zi­ne «print» und «Druck­In­dus­trie» zu «vis­com print + com­mu­ni­ca­ti­on» zu­sam­men. Und weil in St. Gal­len ein äus­serst um­trie­bi­ger Chef­re­dak­tor sass, war klar, wer in die­ser neuen Kom­bi­na­ti­on den Ton angab. 2000 fei­er­te Franz Wick, dank dem Boom im Stel­len­markt und einer gran­dio­sen drupa, sein wirt­schaft­lich er­folg­reichs­tes Jahr. An­fang 2004 ging er re­gu­lär mit 65 in Pen­si­on. Die zu­neh­men­de Dy­na­mik der Di­gi­ta­li­sie­rung be­hag­te ihm nicht. Er er­ar­bei­te­te bis zu sei­nem letz­ten Ar­beits­tag die Ar­ti­kel mit Füll­fe­der­schrei­ber und Dik­tier­ge­rät, da­nach wurde im Se­kre­ta­ri­at ab­ge­tippt. Den Lap­top, den er zum Schluss hatte, wurde für das Be­ar­bei­ten von E-Mails ver­wen­det. Auch gin­gen viele sei­ner An­sprech­part­ner, die mit ihm in den «Sturm-und-Drang-Jah­ren» der gra­fi­schen Bran­che gross­ge­wor­den waren, eben­falls in Pen­si­on. Im Ge­gen­satz zu an­de­ren «Grand­seg­nieurs» der Bran­che konn­te und woll­te er so­fort los­las­sen. An der drupa 2004 ab­sol­vier­te er eine Art Ab­schieds­tour­nee. Wäh­rend viele er­war­te­ten, Franz Wick würde in der einen oder an­de­ren Form der Bran­che er­hal­ten blei­ben, ver­kün­de­te er: «Es ist vor­bei!» Daran hielt er sich. Das Le­bens­ka­pi­tel gra­fi­sche In­dus­trie war für ihn ab­ge­schlos­sen, und er kon­zen­trier­te sich kom­plett auf sein fa­mi­liä­res Um­feld und seine ver­schie­de­nen pri­va­ten En­ga­ge­ments. Oder, wie er es oft aus­drück­te: «Tempi pas­sa­ti.» So ver­lor sich seine Spur. Erst durch einen Hin­weis von Rolf Wyss er­fuhr ich von sei­nem wei­te­ren Schick­sal. Die letz­ten Jahre waren, wie man ver­neh­men konn­te, von einer chro­ni­schen Krank­heit ge­prägt. Dabei sei er von sei­ner Frau Rita lie­be­voll um­sorgt wor­den. Sei­nen Le­bens­abend ver­brach­te er in einem Pfle­ge­heim in sei­ner Hei­mat­re­gi­on Ror­schach/Gol­dach. Hier ver­starb er am 6. De­zem­ber 2020, im Alter von fast 82 Jah­ren. Das ist nun schon rund ein Jahr her. Trotz­dem an die­ser Stel­le der Nach­ruf auf eine star­ke Per­sön­lich­keit, wel­che die gra­fi­sche Bran­che der Schweiz über viele Jahre als scharf­sin­ni­ger «Hof­be­richt­er­stat­ter» mit­ge­prägt hat.